Das Transrapid-Unglück - Ein RückblickEin kühler Spätsommermorgen beendet die bis dahin makellose Erfolgsgeschichte. Seit 1984 dreht die Magnetschwebebahn Transrapid auf der Versuchsstrecke bei Lathen im Emsland ihre Runden, mehr als 500.000 Besucher sind mitgefahren. Über die Jahre entwickelt sich die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Meppen und Papenburg zum Besuchermagneten ohne einen einzigen nennenswerten Unfall - bis zum 22. September 2006.
Aufprall mit 170 StundenkilometernDie bisher letzte Besucherfahrt des Transrapid dauert nur eine Minute. Gegen 9.55 Uhr prallt die Magnetschwebebahn mit 31 Menschen an Bord bei Tempo 170 auf ein Wartungsfahrzeug. 23 Menschen sterben, elf weitere werden zum Teil schwer verletzt. Am Unfallort zeigt sich ein Bild des Grauens: Wrack- und Trümmerteile werden bis zu 300 Meter weit geschleudert. Erste Rettungskräfte, die gegen 10.15 Uhr eintreffen, können den zerstörten Transrapid nur schlecht erreichen: Er steht in seiner Fahrspur auf meterhohen Stelzen. Das ganze Ausmaß der Katastrophe wird erst nach Stunden deutlich. Um 19.25 Uhr bergen Helfer das letzte Todesopfer.
Den Zugführer trifft keine Schuld Ein von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebenes Gutachten des Eisenbahn-Bundesamtes beschreibt das Unglück so: "Der Bug des Transrapid 08 unterfuhr das Sonderfahrzeug, welches dann wie eine Stanze in die erste Fahrzeugsektion eindrang und diese völlig zerstörte". Den verstorbenen Fahrzeugführer des Transrapid trifft dem Gutachten zufolge keine Schuld: Da er nach dem Start verschiedene Instrumente kontrollieren musste, konnte er nach Auffassung der Gutachter erst kurz vor dem Aufprall den Blick wieder auf die Strecke richten und eine Notbremsung auslösen. Untersuchungsausschuss stellt menschliches Versagen fest Acht Monate ermittelt ein Untersuchungsausschuss des Niedersächsischen Landtages. Parallel sucht auch die Staatsanwaltschaft nach der Unfallursache. Im Kern kommen beide im September 2007 zu dem Ergebnis: Menschliches Versagen war Schuld am Unfall. Der Fahrdienstleiter hatte demnach das Wartungsfahrzeug vergessen, das nach einer Kontrollfahrt noch auf der Strecke stand. Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen den Mann und einen Kollegen wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung. Das Verfahren wird zunächst vorläufig eingestellt, da beide Männer verhandlungsunfähig sind. Sie gelten als selbstmordgefährdet. Erst im März 2011 wird ihnen der Prozess gemacht. Sie räumen die Vorwürfe ein, bitten die Hinterbliebenen vor dem Landgericht Osnabrück um Vergebung. Das Urteil lautet ein Jahr und sechs Monate beziehungsweise ein Jahr für die beiden Angeklagten. Das Gericht setzt die Haftstrafen zur Bewährung aus und verhängt außerdem Geldbußen. Betriebsleiter zu Geldstrafen verurteilt Auch der Betriebsleiter der Teststrecke und sein Vorgänger müssen sich vor dem Osnabrücker Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen fahrlässige Tötung vor, da klare Vorschriften fehlten, wann eine Strecke zu sperren ist. Eine solche Streckensperre in dem betroffenen Abschnitt hätte das Unglück verhindern können. Wie sich herausstellte, wurde sie jedoch nicht gesetzt. Das Gericht verurteilt die beiden Ingenieure im Mai 2008 wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung zu Geldstrafen. Die Richter sehen es als erwiesen an, dass die Männer für das "lückenhafte Sicherheitskonzept" auf der Transrapid-Teststrecke verantwortlich waren. Sie hätten sämtliche Fahrdienstleiter anweisen müssen, die Fahrwegssperre zu setzen, wenn Werkstattwagen auf der Strecke stehen. Dies sei vom Hersteller so vorgeschrieben gewesen und hätte auch in Lathen "zwingend Vorschrift" sein müssen, stellt das Gericht fest.
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